Im Rahmen eines Bauvertrages/Werkvertrages hat der Unternehmer für den Eintritt des werkvertraglichen Erfolgs einzustehen. Man spricht insoweit von der Erfolgshaftung des Werkunternehmers, die dazu führt, dass der Unternehmer selbst Vorgaben des Auftraggebers nicht einfach übernehmen darf, sondern auf ihre Tauglichkeit hin prüfen und ggfs. Bedenken anmelden muss, um nicht später trotz Einhaltung dieser Vorgaben zu haften.
Wie weit diese Erfolgshaftung gehen kann, zeigt ein Fall, den das Landgericht Berlin mit Urteil vom 18.12.2020 (22 O 366/16) entschieden hat.
In dem vom Landgericht entschiedenen Fall wurde der Auftragnehmer mit der Erneuerung der Betonfahrbahndecke eines Autobahnabschnitts beauftragt. Im Vertrag hatte der Auftraggeber dem AN vorgegeben, die Fahrbahn gemäß ZTV Beton-StB 01 herzustellen und hierbei Zuschlagstoffe gemäß AKR-Richtlinie zu verwenden. Die vom Auftragnehmer schlussendlich verwendeten Zuschlagstoffe entsprachen bei Abnahme den Anforderungen der AKR-Richtlinie. Nach Abnahme traten Risse und Ausbrüche auf, die durch eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) verursacht wurden. Zum Zeitpunkt des Auftritts der Mängel war die AKR-Richtlinie nach geschärft worden, wodurch die ursprünglich verwendeten Zuschlagstoffe nicht mehr der aktuellen Richtlinie entsprachen. Der Auftraggeber ließ nach fruchtloser Aufforderung zur Mangelbeseitigung eine Ersatzvornahme durchführen und begehrte Erstattung der Kosten von rund 8 Millionen €. Der Auftragnehmer verteidigte sich damit, dass er die Mindestvorgaben gemäß Vertrag eingehalten habe und insoweit kein Mangel vorliege.
Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Nach Auffassung des Gerichts trägt der Auftragnehmer das Risiko, dass sich das verwendete Verfahren bzw. die verwendeten Baustoffe im Nachhinein als ungeeignet erweisen, sofern der Auftraggeber lediglich Mindestanforderungen im Vertrag vorgibt. Wenn diese Mindestanforderungen nicht ausreichen, um ein ordnungsgemäßes Werk herzustellen, so müsse der Auftragnehmer eben über die Mindestanforderungen hinaus leisten. Entscheidend sei, dass sich das Werk für den gewöhnlichen und vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eigne.
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.
Fazit:
Es handelt sich um eine überaus Auftragnehmer-unfreundliche Entscheidung, die die Erfolgshaftung eines Unternehmers deutlich überspannen dürfte. Es ist zwar grundsätzlich zutreffend, dass der Auftragnehmer den werkvertraglichen Erfolg schuldet und insoweit ein Werk herstellen muss, dass für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch geeignet ist. Gibt der Auftraggeber jedoch Mindestanforderungen vor, indem er auf eine Richtlinie verweist, die einzuhalten ist, und entspricht diese Richtlinie bei Ausführung den anerkannten Regeln der Technik, so dürfte der Auftragnehmer sein Bausoll dann erfüllt haben, wenn er die Vorgaben der Richtlinie einhält und ein Werk herstellt, welches zum Zeitpunkt der Abnahme mangelfrei ist. Alles andere würde zu einer regelrecht uferlosen Haftung des Werkunternehmers führen. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Berufung gegen das Urteil Erfolg haben wird. Wir werden hierüber informieren.
Für Auftragnehmer ist wichtig, dass sie in jedem Fall die Mindestvorgaben auf Tauglichkeit hin prüfen und Bedenken anmelden, wenn ersichtlich ist, dass die Mindestvorgaben nicht ausreichend sind, um den werkvertraglichen Erfolg bei zuführen.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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