Schon vor der Einführung des neuen Bauvertragsrechts seit dem 01.01.2018 galt gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B, dass jede Kündigung (ordentliche und außerordentliche) schriftlich erfolgen musste.
Da es sich bei der VOB/B jedoch nicht um ein Gesetz, sondern lediglich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, wenn ihre Geltung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart ist, konnte die durch § 8 Abs. 6 VOB/B angeordnete „Schriftform“ gemäß § 127 Abs. 2 BGB auch durch eine bloße telekommunikative Übermittlung, d. h. per Fax oder E-Mail eingehalten bzw. gewahrt werden.
Dies hat sich mit der Einführung des § 650 h BGB seit dem 01.01.2018 geändert.
Da mit der Regelung des § 650 h BGB ein gesetzliches Schriftformerfordernis geschaffen wurde, bedarf seither jede ordentliche und außerordentliche Kündigung eines Bauvertrages der „echten“ gesetzlichen Schriftform im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB, d.h., die Kündigungserklärung muss vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet sein.
Die Bedeutung des § 8 Abs. 6 VOB/B hat sich daher seit Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts geändert, weil er nicht mehr zu einem bloßen, gewillkürten Schriftformerfordernis führt, sondern jetzt als lediglich klarstellende Regelung auf die seit 01.01.2018 geltende, echte gesetzliche Schriftform des § 650 h BGB verweist. Dies hat zur Folge, dass eine telekommunikative Übermittlung der Kündigungserklärung auch im Falle eines VOB/B Vertrages nicht mehr ausreicht.
Diese Rechtslage hatte ein Bauherr, der aufgrund eines Bauvertrages vom 01.01.2018 nach seiner Kündigung aus wichtigem Grund auf Zahlung restlichen Werklohns verklagt worden wurde, nicht beachtet.
Der Bauherr glaubte, der Werklohnforderung aufgrund seiner außerordentlichen Kündigung die ihm nach seiner Kündigung entstandenen Ersatzvornahmekosten entgegenhalten zu können. Von dem hierfür zuständigen Landgericht wurde er jedoch zur Zahlung des eingeklagten Werklohns in voller Höhe verurteilt, weil er seine Kündigungserklärung lediglich eingescannt und per E-Mail an den Auftragnehmer versandt hatte.
(OLG München, Beschluss vom 03.02.2022 – 28 U 3344/21 Bau = BeckRS 2022, 24300).
Auftraggeber und Auftragnehmer von Bauverträgen sollten daher verinnerlichen, dass seit dem 01.01.2018 jegliche Kündigungserklärungen der echten Schriftform im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB bedürfen, auch wenn beachtliche Stimmen aus der Kommentarliteratur trotz der eindeutigen und nicht dispositiven gesetzlichen Regelung des § 650 h BGB (derzeit) auch weiterhin noch die Auffassung vertreten, für VOB/B Verträge genüge auch weiterhin die gewillkürte Schriftform.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Christoph Schmidt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Als Teil der Baurechtsabteilung der Kanzlei EISENBEIS PARTNER vertritt er deutschlandweit namhafte Bauunternehmen.
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