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Endlich: Einstweilige Verfügung auf Zahlung einer Abschlagsrechnung auch im VOB/B-Vertrag !

Autorenbild: RA Jörg BachRA Jörg Bach

Ein alltäglicher Fall auf der Baustelle: Der AN, der einen streitigen Nachtrag ausgeführt hat, macht seine Vergütung mittels einer Abschlagsrechnung geltend. Der AG, der davon ausgeht, dass kein Nachtrag vorliegt, sondern die Leistungen bereits im ursprünglichen Bausoll enthalten sind, verweigert die Zahlung der Abschlagsrechnung, fordert den AN jedoch auf, seine weiteren Leistungen zu erbringen. Die Situation ist für den AN problematisch. Führt er weiter seine Leistungen aus, so besteht die Gefahr, dass er "noch weiterem Geld nachlaufen muss“. Führt er, unter Berufung auf die verweigerte Zahlung der Abschlagsrechnung, seine Leistungen nicht weiter aus, und beruft er sich insoweit auf ein Leistungsverweigerungsrecht, so besteht die Gefahr, dass der AG den Bauvertrag wegen der Leistungsverweigerung des AN außerordentlich kündigt und diesem gegenüber sodann Ersatzvornahmekosten geltend macht. In diesen Fällen kommt es zu einer regelrechten Eskalation der Baustelle.


Um diese Situation zugunsten des AN zu entschärfen, hat der Gesetzgeber im Rahmen des zum 01.01.2018 in Kraft getretenen neuen Bauvertragsrechts in § 650d BGB geregelt, dass der Auftragnehmer eines Bauvertrages - gemäß § 650a BGB ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon - nach Beginn der Bauausführung den Erlass einer einstweiligen Zahlungsverfügung erwirken kann, wenn Streit über eine Nachtragsvergütung entsteht, die auf eine Anordnung des Auftraggebers gemäß § 650b BGB zurückgeht. Zum 01.01.2018 wurde nämlich mit § 650b BGB erstmals ein Anordnungsrecht des Auftraggebers in einem BGB-Bauvertrag geschaffen. Vor dem 01.01.2018 kannte das BGB kein Anordnungsrecht von Nachträgen, wie dies die VOB/B in § 2 Abs. 5, 6, 7 vorsieht.


Insoweit hat der Gesetzgeber zum 01.01.2018 für den AN die Möglichkeit geschaffen, bei Streit über Vergütungsansprüche den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen. Konnte der AN seine Vergütungsansprüche in dem einstweiligen Verfügungsverfahren, einem Schnellverfahren, durch Unterlagen (Vertrag, Rechnung, Aufmaßblätter, Privatgutachten, etc.) hinreichend glaubhaft machen, wurde dem AG die Zahlung der Werklohnforderung aufgegeben. Ein solches einstweiliges Verfügungsverfahren dauert üblicherweise wenige Wochen, ein Klageverfahren bekanntermaßen mehrere Monate bis hin zu mehreren Jahren.


Problematisch war, dass die oben zitierten Regelungen nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für einen BGB-Bauvertrag galten. Unternehmer, die die VOB/B vereinbart hatten, wie dies eigentlich üblich ist, konnten sich nicht ohne weiteres auf die BGB-Vorschriften berufen.


Nunmehr hat das Kammergericht mit Urteil vom 02.03.2021 (21 U 1098/20) jedoch entschieden, dass § 650d BGB, der die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach Baubeginn eröffnet, auch auf solche Bauverträge Anwendung findet, denen die VOB/B zugrunde liegt.


Das Kammergericht hat dies damit begründet, dass die VOB/B als Allgemeine Geschäftsbedingung keine vergleichbare verfahrensrechtliche Sonderregelung zur Verfügung stelle, insoweit eine Lücke vorliege. Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage könne deshalb auf die Vorschriften des BGB zurückgegriffen werden.


Nach Auffassung des Kammergerichts könne eine einstweilige Verfügung sogar dann noch beantragt werden, wenn bereits Schlussrechnungsreife eingetreten sei.


Fazit:

Es handelt sich um eine überaus begrüßenswerte Entscheidung, die dem durch ständige Rechnungskürzungen und Zahlungsverweigerungen gepeinigten Bauunternehmer die Möglichkeit eröffnet, Zahlungsansprüche kurzfristig durchzusetzen, bevor es zu einer Eskalation der Baustelle kommt.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.

Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.

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