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Keine Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den TÜV!

Bei Bauträgern stellt die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Erwerber ein ständiges Problem dar. Dies deshalb, da sich die Ansprüche der Erwerber wegen Mängeln an neu errichteten Eigentumswohnungen nach Werkvertragsrecht richten, selbst dann, wenn die Wohnungen bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt sind oder der Kaufvertrag innerhalb von 2 Jahren nach Errichtung abgeschlossen wird.


Aus diesem Grund muss das Gemeinschaftseigentum von jedem Erwerber abgenommen werden, was zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist führen kann, wenn einzelne Erwerber das Gemeinschaftseigentum nicht abnehmen.

Die Herstellungsansprüche/Gewährleistungsansprüche des nicht abnehmenden Erwerbers können durch Beschluss "vergemeinschaftet" werden, was bedeutet, dass die Ansprüche dann durch die WEG geltend gemacht werden können.


Aus diesem Grund versuchen die Bauträger oftmals die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ohne Mitwirkung der Erwerber herbeizuführen, indem sie in die Erwerbsverträge Klauseln aufnehmen, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Erstverwalter oder beispielsweise einen Bausachverständigen erfolgen soll. Diese Klauseln sind stets unwirksam (BGH, IBR 2016, 521).


Das OLG Frankfurt hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem der Erwerbervertrag folgende Formulierung enthielt:


"Die Abnahme des Sondereigentums erfolgt durch den Käufer, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den TÜV Rheinland-Pfalz. Der TÜV wird vom Käufer unwiderruflich bevollmächtigt, das Gemeinschaftseigentum für ihn abzunehmen."


Nach Auffassung des OLG Frankfurt, die der Bundesgerichtshof durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde am 17.06.2020 (VII ZR 239/18) bestätigt hat, ist die Klausel unwirksam.


Durch die besagte Klausel würden die Rechte der Erwerber in unzulässiger Weise eingeschränkt werden. Auch die Tatsache, dass der Bauträger keinen einzelnen Sachverständigen, sondern mit dem TÜV eine Prüforganisation benannt habe, soll hieran nichts ändern, da die Gefahr bestünde, dass auch der TÜV durch die Beauftragung nicht mehr neutral sei.


Fazit:

Die Entscheidung stellt keine Überraschung dar. Immer dann, wenn den einzelnen Erwerbern bei der Abnahme kein Mitspracherecht bzw. keine Einflussnahmemöglichkeit verbleibt, liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, sodass die Klausel unwirksam ist. Gleichwohl gibt es jedoch - nach diesseitiger Auffassung - Möglichkeiten, um eine solche Abnahme durch eine vertragliche Regelung auf ein Prüfinstitut zu verlagern, beispielsweise, indem den Erwerbern die Möglichkeit eingeräumt wird, die Beauftragung des TÜV zu widerrufen und eine eigene Abnahme durchzuführen.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.

Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.


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