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Keine Bauhandwerkersicherung (mehr) bei privaten Bauvorhaben?

Autorenbild: RA Christoph SchmidtRA Christoph Schmidt

Die Bauhandwerkersicherung verfolgt den Zweck, dem Unternehmer eine effektive Sicherung seiner Ansprüche auf Vergütung zu ermöglichen und so das Risiko seiner Vorleistungspflicht zu mildern.


Die bisherige gesetzliche Regelung zur Bauhandwerkersicherung gem. § 648a BGB wurde mit Wirkung ab 01.01.2018 in die neue Vorschrift des § 650f BGB - mit Ausnahme des Anwendungsbereichs – inhaltlich übernommen. Nach der neuen Regelung zum Anwendungsbereich kann ein Unternehmer nunmehr u.a. keine Bauhandwerkersicherung mehr verlangen, wenn sein Auftraggeber Verbraucher ist und es sich um einen Verbrauchervertrag gem. § 650i BGB handelt.


Verbraucherverträge gemäß § 650i BGB sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.


Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 650i BGB liegt ein Verbrauchervertrag somit dann vor, wenn sich nur ein Auftragnehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet. Ein Verbraucher-Bauvertrag liegt daher nicht vor, wenn ein privater Auftraggeber das Bauwerk im Wege von Einzelvergaben der verschiedenen Gewerke (z.B. Rohbau, Fensterbau, Innenausbau, etc.) errichten lässt. In diesem Falle können also alle Einzelunternehmer weiterhin eine Bauhandwerkersicherung von ihrem Auftraggeber verlangen.

Entsprechendes gilt für den Begriff „erhebliche Umbaumaßnahmen“.


Dementsprechend war es bislang einhellige Meinung, dass Verbraucher-Bauverträge nur solche Verträge sind, bei denen der Vertrag alle wesentlichen Leistungen zur Errichtung des neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen umfasst.


Mit anderen Worten: Lässt ein Verbraucher ein Gebäude im Rahmen von Einzelvergaben der Gewerke erstellen, muss er (nach entsprechenden Sicherungsverlangen) jedem der beteiligten Unternehmer Sicherheit leisten, weil in diesem Fall kein Verbrauchervertrag im Sinne des § 650 i BGB vorliegt.


Mittlerweile mehren sich jedoch die Stimmen in der Literatur, die dies anders sehen ( z.B. Kniffka in IBR-online), weil im Sinne des Verbraucherschutzes die Merkmale „Bau eines neuen Gebäudes“ und „erhebliche Umbaumaßnahme“ eigentlich in einem weiteren Sinne verstanden werden müssten, um den Regelungsanspruch der Vorschrift, nämlich dem Verbraucherschutz, gerecht zu werden. Nach deren Auffassung erscheint es daher zweifelhaft, ob es tatsächlich dem Willen des Gesetzgebers entsprach, den Verbraucher nur davor zu schützen, von einem Generalunternehmer auf die Bauhandwerkersicherung in Anspruch genommen zu werden, oder ob er auch davor geschützt werden sollte, von mehreren einzelnen, an der Errichtung eines Neubaus beteiligten Unternehmen auf die Bauhandwerkersicherung in Anspruch genommen werden zu können.


Dem Verbraucher ist nach dieser Auffassung im Hinblick auf den Verbraucherschutz nämlich nur schwer zu vermitteln, warum der Bauherr, der seine einzelnen Bauleistungen im Rahmen der Errichtung eines Gebäudes in getrennten Verträgen vergibt, weniger schutzwürdig sein soll, als derjenige Bauherr, der sein Haus aus einer Hand errichten lässt.


Nunmehr hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 24.04.2021 (i-24 U 198/20) entschieden:


„Ein Verbrauchervertrag im Sinne des § 650 i Abs. 1 1. Alt. BGB kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.“


Fazit:

Es wird ab sofort erheblich schwieriger, rechtssicher beurteilen zu können, ob und wenn ja unter welchen weiteren Voraussetzungen ein Einzelunternehmer, also z.B. der Fensterbauer, von seinem Besteller eine Bauhandwerkersicherung verlangen kann oder nicht.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Christoph Schmidt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Arbeitsrecht.

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