Im Baurecht bzw. Werkvertragsrecht gilt der Grundsatz, dass der Auftragnehmer den Erfolg seiner Leistung schuldet (“Ein Dach muss dicht sein", BGH VII ZR 278/19). Dies gilt auch dann, wenn ein Mangel zurückzuführen ist auf eine Anordnung des Auftraggebers, auf die Leistungsbeschreibung, auf vom Auftraggeber gelieferte oder vorgeschriebene Baustoffe oder auf eine (mangelhafte) Vorleistung.
Der Auftragnehmer kann sich gemäß § 13 Abs. 3 VOB/B von seiner Haftung nur dann freizeichnen, wenn er vor Ausführung seiner Leistung die gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B erforderliche Mitteilung gemacht - Bedenken angemeldet - hat.
Doch wie weit gehen diese Hinweispflichten gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B? - Klar ist, dass die Notwendigkeit bzw. der Umfang des Hinweises zurückgehen muss, je sachkundiger der Auftraggeber ist. Denn ein solcher Hinweis soll kein Selbstzweck sein, sondern den unwissenden Auftraggeber schützen.
Wichtige Grundsätze hierzu hat das OLG München in seinem Urteil vom 17.08.2022 (27 U 3593) aufgestellt. Der BGH hat mit Beschluss vom 02.08.2023 (VII ZR 166/22) die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil zurückgewiesen und insoweit die Ausführungen bestätigt.
In dem vom OLG München entschiedenen Fall beauftragte ein Generalunternehmer den Auftragnehmer die Verkehrsflächen in einer Wohnanlage mit Natursteinplatten zu belegen, die der Generalunternehmer sogar noch selbst besorgt hat. Nach Verlegung rügte der Generalunternehmer Verfärbungen und Verfleckungen des Belags, die dadurch entstanden waren, dass während der Bauphase Schmutz in die anfällige Oberflächenstruktur des Belags gelangt ist. Der Generalunternehmer wirft dem Auftragnehmer vor, dass er ihn nicht hinreichend auf die schmutzanfällige Belagsoberfläche hingewiesen habe.
Das OLG München bestätigt zunächst im ersten Leitsatz den Grundsatz einer Hinweispflicht des Auftragnehmers wie folgt:
"Es gehört zum Pflichtenkreis des sachkundigen Auftragnehmers, den nicht sachkundigen Auftraggeber darüber aufzuklären, ob das bestellte Werk für den vorhergesehenen Zweck tauglich ist und den Bedürfnissen des Auftraggebers entsprechen kann. Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber auch über die Wartung und Bedienung des erstellten Werks zu unterrichten."
Eine Einschränkung dieser Hinweispflicht sieht das OLG München jedoch als gegeben an, wenn es sich um einen sachkundigen Auftraggeber handelt:
"Inhalt und Umfang der Hinweispflicht orientieren sich am Schutzbedürfnis des Auftraggebers. Darf der Auftragnehmer davon ausgehen, dass dem Auftraggeber bestimmte Risiken aufgrund eigener Sachkunde geläufig sind, muss er dem Auftraggeber ohne besonderen Anlass keine (aus seiner Sicht überflüssigen) Informationen zukommen lassen."
Dies voran geschickt, gab das OLG München dem Auftragnehmer recht. Ein Bedenkenhinweis sei nicht erforderlich gewesen, da der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, dass dem Generalunternehmer die Risiken des Schmutzeintrages während der Bauphase aufgrund seiner Sachkunde bekannt sind. Zudem habe der Generalunternehmer den Belag noch selbst besorgt.
Fazit:
Es handelt sich um eine begrüßenswerte Entscheidung des OLG München. Gleichwohl sollte in jedem Einzelfall konkret geprüft und hinterfragt werden, ob der Auftraggeber tatsächlich über die erforderliche Sachkunde verfügt, ein bestehendes Risiko zu erkennen. Aus anwaltlicher Vorsicht heraus sollte der Grundsatz gelten "Lieber ein Hinweis zu viel als einer zu wenig".
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen und Planerbüros bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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