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Keine Mängel gerügt und Prüffrist abgelaufen: Leistung konkludent abgenommen!

Autorenbild: RA Jörg BachRA Jörg Bach

Wenn etwas am Bau regelmäßig vergessen oder vernachlässigt wird, dann ist es die Abnahme. Dabei ist die Abnahme nach den Regelungen des BGB Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohns. Gerade bei Baustellen, die (ausnahmsweise einmal) plangemäß laufen und bei denen es keine größeren Schwierigkeiten gibt, insbesondere deshalb, da beispielsweise die Abschlagszahlungen bisher pünktlich erfolgt sind, wird die gesetzlich vorgesehene und oftmals auch vertraglich vereinbarte Abnahme nicht durchgeführt.


Kommt es dann im Ergebnis doch zu Streitigkeiten wegen offenen Forderungen aus der Schlussrechnung, die der Auftraggeber als unberechtigt ansieht, und verfolgt der Auftragnehmer dann im Rahmen eines Gerichtsprozesses diese Forderungen, so wird von Seiten des Auftraggebers oftmals der Einwand gebracht, dass der Werklohn nicht fällig sei, da keine wirksame Abnahme erfolgt wäre.


Um diesen Einwand zu entkräften behauptet der Auftragnehmer dann regelmäßig eine sogenannte konkludente Abnahme, also eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten, was insbesondere bei den Fällen naheliegt, in denen der Auftraggeber das Werk bereits (seit längerer Zeit) in Benutzung hat. Denn in der beanstandungslosen Nutzung eines Werkes ohne Mängelrüge liegt denklogischerweise eine stillschweigende Erklärung, dass keine Mängel vorliegen.


Streitig ist bei dieser Konstellation die Frage, ab wann von einer solchen konkludenten Abnahme ausgegangen werden darf. Denn gerade bei komplexen Gewerken kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Auftraggeber bereits durch die einmalige Ingebrauchnahme oder aber durch eine Nutzung über einen kurzen Zeitraum zu erklären geben möchte, dass keine Mängel vorliegen. Dem Auftraggeber muss zunächst ein Prüfzeitraum zugebilligt werden, der lange genug ist, um das Werk im Hinblick auf Mängel prüfen zu können. Erst nach Ablauf eines solchen Zeitraums kann in dem Schweigen des Auftraggebers trotz Nutzung von einer Erklärung ausgegangen werden, dass er das Werk als weitestgehend ordnungsgemäß - und damit als konkludent abgenommen - annimmt.


Das OLG Oldenburg hat mit Urteil vom 29.09.2020 (13 U 89/18) einen Fall entschieden, in dem ein Heizungs- und Sanitärinstallateur für den Auftraggeber eine Heizungsanlage mit Warmwasser-Solarthermie errichtet hat. Nach Beanstandungen durch den Auftraggeber führte der Unternehmer am 24.03.2014 kleinere Ausbesserungsarbeiten durch, indem er einen Fühler der Solaranlage ausgetauscht hat. Danach gab es von Seiten des Auftraggebers keinerlei weitere Mängelrügen. Gleichwohl verweigerte der Auftraggeber jedoch die Zahlung des Werklohns, woraufhin ihn der Unternehmer verklagt hat. Erst im Rahmen der Klageerwiderung vom 29.06.2015 wurden weitere Mängel vorgebracht. Darüber hinausgehend behauptete der Auftraggeber, dass die Leistungen nicht abgenommen wären, da keine förmliche Abnahme erfolgt sei. Der Werklohn sei nicht fällig.


Das Oberlandesgericht Oldenburg ging von einer konkludenten Abnahme der Werkleistungen des Unternehmers aus. Dies deshalb, da der Auftraggeber seit April 2014 bis zur Klageerwiderung, also über einen Zeitraum von über einem Jahr, keine weiteren Beanstandungen getätigt habe. Dem Auftraggeber sei zwar eine gewisse Prüffrist zuzugestehen, um das Werk auf vorhandene Mängel prüfen zu können. Beim Einbau einer Heizungsanlage sei eine Prüffrist von 2 Monaten angemessen. Erfolgt in diesem Zeitraum keine weitere Mängelrüge, so sei das Werk konkludent abgenommen. Der Klage wurde stattgegeben.


Fazit:

Eine weitere begrüßenswerte Entscheidung, die die Rechte des Unternehmers stärkt. Allerdings sollte beachtet werden, dass je nach Komplexität der Leistung die Prüffrist Wochen oder gar Monate dauern kann. Erst mit Ablauf der Prüffrist und der dadurch erfolgten konkludenten Abnahme wird der Werklohn fällig. Zudem beginnt erst mit der (konkludenten) Abnahme die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers. Hier schadet sich der Unternehmer selbst, wenn er keine förmliche Abnahme durchführt, sondern auf eine konkludente Abnahme wartet. Umso länger haftet er auf Gewährleistung. Dem Unternehmer ist daher dringend angeraten, eine förmliche Abnahme durchzuführen.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.

Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.


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