Wird der Architekt mit der Objektplanung im Leistungsbild Gebäude und Innenräume beauftragt, so unterteilen sich die Grundleistungen, mit denen der Architekt beauftragt werden kann, gemäß § 34 Abs. 3 HOAI 2021 grundsätzlich in insgesamt neun Leistungsphasen:
die Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung)
die Leistungsphase 2 (Vorplanung)
die Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung)
die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung)
die Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung)
die Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe)
die Leistungsphase 7 (Mitwirkung bei der Vergabe)
die Leistungsphase 8 (Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation)
die Leistungsphase 9 (Objektbetreuung)
Wird der Architekt mit der Erbringung der Leistungsphase 8 - der Bauüberwachung - beauftragt, so stellt sich die Frage, welche konkreten Leistungen der Architekt in diesem Zusammenhang schuldet und wann er seine vertraglichen Pflichten verletzt.
Betrachtet man sich die obergerichtliche Rechtsprechung, so zeichnet sich die Tendenz ab, dass jeder vom ausführenden Unternehmen produzierte Baumangel automatisch zugleich einen Überwachungsfehler des Architekten darstellen soll. Dies führt dann im Regelfall dazu, dass das ausführende Unternehmen und der Architekt gesamtschuldnerisch gegenüber dem Auftraggeber haften.
Ist dies rechtlich haltbar?
Denn welche Möglichkeiten hat der Architekt denn im Rahmen seiner Bauüberwachung die Entstehung eines Mangels zu verhindern? Weder hat der Architekt selbst einen Vertrag mit dem ausführenden Unternehmen geschlossen, sodass er aus eigenem Recht auf das ausführende Bauunternehmen einwirken könnte. Noch hilft es ihm, wenn er (seinen) Auftraggeber auf die Entstehung eines Mangels hinweist, da dem Auftraggeber im Regelfall vor Abnahme sowieso keine Mängelrechte gegen das ausführende Unternehmen zustehen.
Nach dem Wortlaut der Leistungsphase 8 schuldet der Architekt „nur" die Objektüberwachung bzw. Bauüberwachung und eben nicht die "Sicherstellung der Mangelfreiheit des Bauwerks". Letzteres würde viel zu weit gehen; gleichwohl wird dies in der obergerichtlichen Praxis im Ergebnis doch vom Architekten verlangt.
Der Bundesgerichtshof hat das Problem erkannt (vgl. bspw. Beschluss vom 08.10.2020 - VII ARZ 1/20):
"Der Architektenvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass der Architekt eine Planungs- oder Überwachungsleistung verspricht [...]. Er verspricht dagegen nicht, dass das Bauwerk tatsächlich mangelfrei errichtet wird." (Rn. 76)
Bedauerlicherweise hat sich diese Rechtsprechung bei den Instanzgerichten (noch) nicht durchgesetzt.
Prozessual gesehen, entkommt der Architekt nach der Rechtsprechung des BGH im Falle eines Baumangels dann seiner Haftung, wenn es ihm gelingt darzulegen, dass er trotz geeigneter Überwachungsleistungen den Mangel nicht erkennen bzw. nicht verhindern konnte. Wichtig ist dabei, dass der Architekt darlegen und beweisen muss, dass der Umfang seiner Überwachungsleistungen bezogen auf das Bauvorhaben grundsätzlich ausreichend und angemessen gewesen ist.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen und Planerbüros bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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