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Pauschalpreis oder Einheitspreisvertrag mit Rabatt?

Die Frage, ob ein Pauschalpreisvertrag oder ein Einheitspreisvertrag geschlossen wurde, ist immer wieder aus den verschiedensten Gründen Streitthema zwischen den am Bau beteiligten Parteien.


Die Bauherren als Auftraggeber haben oftmals ein großes Interesse daran, eine Pauschale zu vereinbaren, um so eine Preissicherheit hinsichtlich der Baukosten zu erhalten. Wohingegen die Bauunternehmer unter Umständen ein Interesse an einer Pauschalvergütung haben, um sich die Erstellung eines aufwendigen und zeitraubenden Aufmaßes zu ersparen.


Bei einem Pauschalpreisvertrag im Baurecht wird die gesamte Bauleistung mit einer pauschalen Geldleistung vergütet, mit der alle Einzelleistungen abgegolten sind. Von dem Pauschalpreis werden also alle Bau- und Nebenleistungen, die für die Errichtung des Bauwerks erforderlich sind, umfasst.

Der Bauunternehmer als Auftragnehmer trägt dabei das sogenannte Mehrmengenrisiko, d.h. der Auftragnehmer hat Mehrmengen auszuführen, die nicht auf Eingriffe des Auftraggebers zurückzuführen sind, ohne dass er einen Anspruch auf Mehrvergütung hierfür hat.


Vorsicht ist geboten bei der Formulierung eines Pauschalpreisvertrages. Die Unterscheidung, ob eine Pauschale oder nur ein Nachlass vereinbart ist, kann u.U. erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben.


Das OLG Bamberg hatte sich mit einem solchen Streitfall, nämlich ob eine Pauschale oder „nur“ ein Nachlass vereinbart wurde, in seinem Urteil vom 9.10.2019 - 4U 185 /18 auseinanderzusetzen.


Der Auftragnehmer forderte vom Auftraggeber zur Abgabe eines Angebotes für Rohbauarbeiten auf Einheitspreisbasis auf. Dies erfolgte auf der Grundlage eines von seinem Architekten erstellten Plan. Die Addition aller Einheitspreise des Leistungsverzeichnisses ergaben nach dem Angebot des Auftragnehmers dabei eine Summe von 145.307,33 € brutto.

Anschließend schlossen die Parteien einen schriftlichen Bauvertrag, in dem die Parteien eine Pauschalvergütung i.H.v. 136.850 € brutto vereinbarten und auf das Einheitspreisangebot Bezug nahmen.


Während der Ausführung stellte sich heraus, dass erhebliche Mehrmengen auszuführen sind, worauf der Auftragnehmer einen Mehrmengen Nachtrag stellte. Der Auftraggeber verweigerte die Bezahlung unter Verweis auf den vereinbarten Pauschalpreis.

Der Auftragnehmer ist der Auffassung, es sei keine echte Pauschale vereinbart, sondern er habe lediglich einen Nachlass gewährt auf die ursprünglich angebotenen Einheitspreise.


Das OLG Bamberg vertrat in seinem Urteil die Auffassung, es sei eine Pauschalpreisvereinbarung getroffen mit der Folge, dass der Auftragnehmer betreffend die Mehrmassen keine gesonderte Vergütung verlangen könne. Die Mehrvergütung beträfe ausschließlich Positionen, die in dem Angebot zugrunde gelegten Leistungsverzeichnis und den Plänen bereits beinhaltet waren. Das Leistungssoll beschränke sich vergütungsrechtlich nicht auf die in dem Angebot bezeichneten Mengen.

Wäre dies der Fall, würde die Vereinbarung einer Pauschalvergütung für den Auftraggeber keinen Sinn ergeben und eine solche Preispauschale bei Mengenüberschreitung ginge immer ins Leere.


Anders sei dies dann, wenn der Auftragnehmer einen Nachlass gewähren will. In diesem Fall sind Massenmehrungen gesondert zusätzlich zu vergüten.


Die Frage, ob Nachlass oder Pauschale vereinbart sind, hängt immer von der Formulierung im Einzelfall ab. In dem beschriebenen Fall vertritt das Gericht die Auffassung, dass für die Vereinbarung einer Pauschale die „runde“ (End-)Summe (Pauschalsumme) sprechen würde, wohingegen ein Nachlass mit einem „krummen“ Betrag von 6,18 % eher nicht nachvollziehbar sei. Dies spreche eher für die Vereinbarung einer Pauschalen.


Letztlich ist es eine Frage der Auslegung, ob ein Nachlass oder eine Pauschalpreisabrede getroffen wurde.


Der Auftragnehmer ist immer gut beraten für den Fall, dass er keine Pauschale vereinbaren will, also bei Mehrmassen eine zusätzliche Vergütung hierfür beanspruchen möchte, solche Formulierungen wie „Pauschalpreis“, „Pauschale“, „pauschal“ zu vermeiden und aber auch zusätzlich deutlich zu machen, dass er einen Nachlass vereinbaren will. Das Runden der addierten Summe der Leistungspositionen wird, wie der das oben zitierte Urteil zeigt, oftmals gern als Vereinbarung einer Pauschalsumme gewertet und nicht als Rabatt oder Nachlass.


Insoweit sollte also immer ein Zusatz vermerkt werden, der deutlich macht, dass es sich um einen Nachlass oder Rabatt handelt, für den Fall, dass gerade kein Pauschalpreisvertrag geschlossen werden soll.


Ob dieser Rabatt bzw. Nachlass dann auch für die Mehrmassen vereinbart wurde, ist wiederum ein gesonderter Streitfall und kann ebenfalls vermieden werden, mit einem einfachen Zusatz im Angebotstext der klarstellt, dass Nachlass auch auf Mehrmassen und zusätzliche Leistungen gewährt wird - oder nicht!


Zur Autorin:

Rechtsanwältin Nicole Gräwer ist Partnerin und Gesellschafterin der Kanzlei EISENBEIS PARTNER. Als Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht vertritt sie deutschlandweit führende Bauunternehmen und Architekturbüros.

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