In einem unserer letzten Beiträge haben wir erläutert, dass in der bloßen Zahlung einer Abschlagsrechnung kein Anerkenntnis der abgerechneten Positionen gesehen werden kann. Insbesondere kann der Auftraggeber im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung eine Überzahlung errechnen und die aufgrund der Abschlagsrechnungen geleisteten Zahlungen sogar zurückverlangen. Hintergrund ist, dass ein Anerkenntnis eine rechtliche Erklärung beinhalten muss, wonach die jeweilige Position rechtsverbindlich als bestehend angesehen wird. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung beinhaltet die bloße Zahlung keine solche Erklärung. Auch der oftmals auf dem Prüfexemplar befindliche Stempel "geprüft; rechnerisch richtig" beinhaltet keine solche Erklärung.
Allerdings gibt es auch Konstellationen bei Prüfung einer Schlussrechnung, dei denen im Verhalten des Auftraggebers ein rechtlich verbindliches Anerkenntnis gesehen werden kann. In diesem Zusammenhang kommt es in der täglichen Baupraxis häufig vor, dass der Auftraggeber im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung den Preis einer abgerechneten Nachtragsposition streicht, nicht jedoch die gesamte Position. Es stellt sich dann die Frage, ob hierin ein Anerkenntnis des Nachtrags "dem Grunde nach" gesehen werden kann. Denn dann müsste, sollte der Auftraggeber die Schlussrechnung nicht zahlen, in einem eventuellen Vergütungsrechtsstreit nur noch über die Höhe der Nachtragsvergütung der jeweiligen Position gestritten werden, nicht jedoch über die Frage, ob überhaupt eine wirksame Nachtragsbeauftragung stattgefunden hat. Dies würde den Prozess für den Auftragnehmer deutlich erleichtern.
Diese Frage hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 22.03.2013 (22 U 94/11) entschieden. In dem vom OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall wurde ein Auftragnehmer mit der Durchführung von Fliesenarbeiten beauftragt. Im Nachhinein vereinbarten die Parteien, dass die Fliesen - abweichend vom ursprünglichen Vertrag - in einem Teilbereich in geänderter Form verlegt werden sollen. Außerdem sollte der Rundschnitt gemäß der vertraglichen Vereinbarung mittels eines Wasserstrahls durchgeführt werden. Tatsächlich werden die Schnitte jedoch vor Ort manuell vorgenommen. Dies alles geschieht in Abstimmung mit dem Bauleiter des Auftraggebers. Im Rahmen der Schlussrechnung begehrt der Auftragnehmer in Form einer Nachtragsposition eine Zulage für die geänderten Leistungen. Der Auftraggeber streicht im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung lediglich den vom Auftragnehmer geltend gemachten Einheitspreis. Die Nachtragsposition an sich wird nicht gestrichen. Da der Auftraggeber die Schlussrechnung nicht bezahlt, erhebt der Auftragnehmer Zahlungsklage. Im Rahmen des Prozesses behauptet der Auftraggeber, dass der Nachtrag nicht wirksam vereinbart worden sei.
Zu Recht kann der Auftraggeber hiermit jedoch nicht durchdringen.
Nach Auffassung des OLG Düsseldorf steht dem Auftragnehmer ein Anspruch aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 1 VOB/B zu. Der Auftraggeber habe die Leistung nachträglich anerkannt. Dies könne auch stillschweigend geschehen. Maßgeblich ist lediglich, dass der Auftraggeber zu erkennen gibt, dass er die abgerechneten Leistungen als vertragliche Leistungen anerkennt. Zwar reiche hierfür die bloße Hinnahme der Leistungen nicht aus. Allerdings habe der Auftraggeber dadurch, dass er im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung lediglich den Preis der streitigen Position gestrichen habe, nicht jedoch die Position an sich und auch nicht die abgerechneten Mengen, zum Ausdruck gebracht, dass er die Leistung dem Grunde nach billigt.
Fazit:
Es handelt sich um eine überaus begrüßenswerte Entscheidung, die die Rechte des Auftragnehmers stärkt und die im Ergebnis auch zutreffend ist, da sie dem oftmals widersprüchlichen Verhalten von Auftraggebern einen Riegel vorschiebt.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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