Der Bauherr / Auftraggeber (AG) beauftragt den Unternehmer / Auftragnehmer (AN) im Jahr 2007 mit der Errichtung eines Gebäudes, dessen Keller zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Die Entwurfsplanung des Architekten sieht wegen zeitweise aufstauenden Sickerwassers eine Abdichtung nach DIN 18195, Teil 6 vor.
Nachdem die ersten Kellerwände errichtet sind, bemängelt der AG noch im Jahr 2007 die unzureichende Abdichtung des Kellers. Der AN schlägt schließlich vor, die Kelleraußenwände nach DIN 18195, Teil 6, und die Bodenplatte nach DIN 18195, Teil 4 (Abdichtung gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser), abzudichten, und erläutert dies. Daraufhin nimmt der AG Abstand von seiner Mängelrüge. Das Gebäude wird entsprechend dem Vorschlag des AN errichtet und vom AG abgenommen.
In den Jahren 2008 und 2010 kommt es im Keller zu Durchfeuchtungen, woraufhin der AN umfangreiche Beseitigungsarbeiten veranlasst. Weitere Wassereintritte werden in den Jahren 2011 und 2013 an anderer Stelle des Kellers festgestellt. Der AG möchte nunmehr die Bodenplatte des Kellers nach DIN 18195, Teil 6, saniert wissen, um vor weiteren Wassereinbrüchen verschont zu bleiben. Dies lehnt der AN ab, weil sich der AG bereits im Jahr 2007 mit der ausgeführten Abdichtungsart einverstanden erklärt habe.
Der AG verlangt von dem AN einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung und erhebt Klage. Zu Recht?
Nein! Der AG verliert sowohl in I. Instanz vor dem LG Frankfurt/Oder (Urteil vom 03.05.2019, Az.: 16 O 12/18) als auch in II. Instanz vor dem OLG Brandenburg (Urteil vom 09.07.2020, Az.: 12 U 76/19). Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen (Beschluss vom 24.03.2021, Az.: VII ZR 125/20).
Der AG hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung, jedoch aus anderen Gründen. Nach Aufassung der Gerichte ist die Werkleistung des AN mangelhaft, weil dieser die Bodenplatte des Gebäudekellers nach der DIN 18195, Teil 4, statt nach Teil 6 dieser Norm abgedichtet und somit von der vertraglichen Soll-Beschaffenheit abgewichen ist.
Die vertragliche Vereinbarung des AN und des AG betreffend die geänderte Abdichtung der Bodenplatte des Gebäudekellers hat indes nicht zur Folge, dass die entsprechende Ausführung durch den AN zur Errichtung eines mangelfreien Werkes geführt hat. Zur Herstellung eines mangelfreien Werkes ist vielmehr erforderlich, dass es die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Üblicherweise verspricht der AN stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, so dass ein Werkmangel vorliegt, wenn die Werkleistung diesen Erfordernissen nicht genügt. Will der AN die anerkannten Regeln der Technik mit der geplanten Art der Ausführung unterschreiten, muss er den AG - soweit dieser die Unterschreitung nicht aus eigener Fachkunde erkennen kann - hierauf ausdrücklich hinweisen; andernfalls kommt eine wirksame Vereinbarung dahingehend, dass auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik in diesem Punkt verzichtet wird, nicht zu Stande.
Es sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum der AN hätte annehmen dürfen, der AG erteile seine Zustimmung zur Vertragsänderung in der Kenntnis, dass die nunmehr vorgeschlagene Ausführung den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht mehr entspreche. Vielmehr hätte es dem AN oblegen, den AG hierüber (Unterschreitung des technischen Standards) entsprechend aufzuklären. Die Rücknahme der Mängelrüge durch den AG ist ohne hinreichende Informationsgrundlage erfolgt. Aus diesem Grund ist die Vereinbarung nicht wirksam.
Die Klage hatte gleichwohl in allen Instanzen keinen Erfolg, weil der AN die Mangelbeseitigung wegen Unzumutbarkeit berechtigt verweigert hat.
Fazit:
Zur Herstellung eines mangelfreien Werks ist erforderlich, dass es die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Üblicherweise verspricht der AN bei Vertragsschluss stillschweigend die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, so dass ein Mangel vorliegt, wenn die Werkleistung diesen Erfordernissen nicht genügt.
Will der AN die anerkannten Regeln der Technik mit der geplanten Art der Ausführung unterschreiten, muss er den AG - soweit dieser die Unterschreitung nicht aus eigener Fachkunde erkennen kann - hierauf ausdrücklich hinweisen.
Nicht nur je Änderung des Bausolls, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt, sondern auch die dazu erteilten Hinweise sollten schriftlich dokumentiert werden!
Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik wird durch eine nachträglich erteilte Zustimmung im Einzelfall nicht geheilt (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.07.2019, 10 U 14/19; BGH, Beschluss vom 15.04.2020, VII ZR 164/19). Eine nachträgliche Zustimmung führt nicht dazu, dass die Verwendung des letztendlich gewählten Materials automatisch den Regeln der Technik entspricht. Dafür ist es vielmehr erforderlich, dass sich die Verwendung nach Meinung der Mehrheit der Fachleute bewährt hat oder deren Eignung nachgewiesen ist.
Im Übrigen stellt der Verstoß gegen die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) ein Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik dar (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2020, 13 U 261/18; BGH, Beschluss vom 16.12.2020, VII ZR 77/20). Die Gerichte gehen ohne weitere Erläuterung davon aus, dass die Vorgaben der EnEV anerkannte Regeln der Technik sind.
Zur Autorin:

Rechtsanwältin Isabel Rothe ist zugleich Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. Sie ist deutschlandweit tätig und vertritt die Interessen von namhaften Bauunternehmungen.
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