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AutorenbildRA Jörg Bach

Vorsicht beim funktionalen Pauschalvertrag! - Geschuldet sind sämtliche zweckdienlichen Leistungen!

In der täglichen Baupraxis sind Pauschalpreisverträge überaus beliebt. Für den Auftraggeber bringen diese Verträge den Vorteil, dass er die von ihm zu zahlende Vergütung bereits bei Beauftragung kennt, da es, anders als beim Einheitspreisvertrag, nicht auf die schlussendlich angefallenen Mengen ankommt und Mengenmehrungen, die beim Einheitspreisvertrag zu einer höheren Vergütung führen, beim Pauschalpreisvertrag unbeachtlich sind. Für den Auftragnehmer bringt ein solcher Vertrag den Vorteil, dass er die erbrachten Mengen nicht aufmessen und deren tatsächliches Anfallen nachweisen muss. Da ein Pauschalpreisvertrag einen sogenannten Aufmaßverzicht beinhaltet, bekommt der Auftragnehmer seine vereinbarte Vergütung, unabhängig von der Frage, welche Mengen tatsächlich angefallen sind. Beiden Parteien bietet der Vertrag also eine gewisse Sicherheit.


Unterschieden werden dabei zwei Varianten eines Pauschalpreisvertrages, nämlich der Detail-Pauschalvertrag und der Global-Pauschalvertrag.


Bei einem Detail-Pauschalvertrag wird das vom Auftragnehmer zu erbringende Bausoll im Vorfeld durch ein Leistungsverzeichnis festgelegt. Mit der vereinbarten Pauschale werden damit nur die Positionen aus dem Leistungsverzeichnis abgegolten. Soll der Unternehmer Leistungen ausführen, die nicht im LV angeführt und bepreist sind, so kann er hierfür grundsätzlich eine Nachtragsvergütung geltend machen.


Ein Global-Pauschalvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass das vom Auftragnehmer zu erbringende Bausoll gerade nicht detailliert, beispielsweise in Form eines Leistungsverzeichnisses, beschrieben ist. Vielmehr liegt lediglich eine sogenannte funktionale Leistungsbeschreibung vor, die das vom Auftragnehmer zu erbringende Werk nur grob und in den wesentlichen Zügen beschreibt. Ein typischer Fall ist beispielsweise die Beauftragung mit der schlüsselfertigen Herstellung eines Hauses, wobei das zu errichtende Haus nur in einer für den Käufer/Besteller repräsentativen Form beschrieben wird, ohne, dass die Positionen, die in technischer Hinsicht ausgeführt werden müssen, einzelnen und detailliert beschrieben werden.


Für den Unternehmer bringt ein solcher Global-Pauschalvertrag jedoch auch Risiken mit sich. In qualitativer Hinsicht schuldet der Unternehmer eine Ausführung aller notwendigen Leistungen in einer mittleren Art und Güte. Er ist also nicht berechtigt, die kostengünstigste und qualitativ minderwertigste Leistung auszuführen.

Bereits dies sollte er bei seiner Kalkulation des Preises berücksichtigen.


Darüber hinausgehend schuldet der Unternehmer sämtliche Leistungen, die zur Erbringung des werkvertraglichen Erfolges notwendig sind und die sachdienlich sind, um den Vertragszweck zu erreichen.


Beispielhaft sei insoweit auf eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 30.01.2020 (3 U 42/05) verwiesen. Das Oberlandesgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Auftragnehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Parkhauses unter Vereinbarung eines Pauschalfestpreises beauftragt worden ist. Das Parkhaus wurde lediglich funktional beschrieben. Der Auftragnehmer errichtete keine Schrankenanlage, da er der Auffassung war, dass dies nicht geschuldet sei. Es fehle an einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zur Errichtung einer Schrankenanlage. Geschuldet gewesen sei lediglich ein Parkhaus. Aufgrund der Weigerungshaltung des Auftragnehmers eine Schrankenanlage zu errichten, verweigerte der Auftraggeber die Zahlung eines restlichen Teils des vereinbarten Pauschalfestpreises, worauf hin der Auftragnehmer Klage erhob.


Das OLG Köln kam unter Verweis auf die BGH-Entscheidung vom 29.09.1983 (VII ZR 225/82) zu dem Ergebnis, dass der Auftraggeber bei einem Pauschalfestpreis grundsätzlich davon ausgehen kann, dass sämtliche Bau- und Nebenleisten, die zur Erreichung der vereinbarten Bauleistung notwendig seien, hiervon umfasst seien. Zur geschuldeten schlüsselfertigen Errichtung eines Parkhauses gehöre somit auch die Zugangskontrolle, also eine Schrankenanlage. Damit sei der Auftraggeber berechtigt, einen Teil der Vergütung einzubehalten. Die Klage wurde abgewiesen.


Fazit:


Auftragnehmer sollten sich in dem Fall, dass der Abschluss eines Global-Pauschalvertrages angestrebt wird, darüber im Klaren sein, dass im Rahmen des von ihnen zu erbringenden Bausolls nicht nur mindestens die Ausführung aller Leistungen in mittlerer Art und Güte geschuldet ist. Vielmehr wird auch die Ausführung aller Leistungen geschuldet, die zum Zwecke der Erreichung des werkvertraglichen Erfolges sachdienlich und notwendig sind. Dies kann von der Verpflichtung zur Errichtung einer Schrankenanlage bei einem Parkhaus bis hin zur Errichtung von Trainer- und Spielerbänken im Rahmen eines Vertrages zur Errichtung eines Fußballstadions gehen. Im Rahmen der Preiskalkulation sollte der Auftragnehmer daher umfassend prüfen, welche Leistungen tatsächlich anfallen, selbst wenn sich diese nicht ausdrücklich in der funktionalen Leistungsbeschreibung finden.


Sonst können sich die Vorteile eines solchen Pauschalvertrages schnell in erhebliche Nachteile umkehren.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.

Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.



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