Um sicherzustellen, dass ein Werk innerhalb eines geplanten Zeitraums hergestellt wird, können die Parteien verbindliche Vertragsfristen vereinbaren (§ 5 Abs. 1 VOB/B). Diese verbindlichen Vertragsfristen sind zu unterscheiden von Ausführungsfristen oder Fristen eines Bauzeitenplans, die nicht automatisch eine Rechtsfolge auslösen, wenn sie vom AN überschritten werden. Damit durch die Überschreitung einer Frist eine Rechtsfolge ausgelöst wird - hauptsächlich geht es dabei um einen Schadensersatzsanspruch aus Verzug -, müssen die Parteien diese Frist ausdrücklich zur verbindlichen Vertragsfrist erklären. Ist dies geschehen, so wird im Falle einer Überschreitung der Frist vermutet, dass den AN ein Verschulden an der Fristüberschreitung trifft. Diese Vermutung kann der AN widerlegen.
Anders - und für den AN deutlich gravierender - ist es, wenn der AN die Einhaltung einer bestimmten Frist garantiert.
Beispielhaft sei insoweit auf einen Fall verwiesen, den das OLG München mit Urteil vom 28.01.2020 (28 U452/19) entschieden hat.
Der Unternehmer hatte sich in diesem Fall verpflichtet, eine PV-Anlage schlüsselfertig auf dem Dach des AG zu errichten. Dabei hat er "die Fertigstellung bis zum 31.12.2011 garantiert". Wegen Problemen mit der für die Einspeisung des Stroms erforderlichen Trafostation, die der AN nicht errichtet hat und auf deren Errichtung er auch sonst keinerlei Einfluss nehmen konnte - konnte die PV-Anlage erst 31 Monate später in Betrieb genommen werden. Der AG forderte deshalb vom AN erheblichen Schadensersatz in Höhe von 53.000 € wegen entgangener Stromeinnahmen. Der AN lehnte eine Haftung ab, da er meint, für die Überschreitung des Fertigstellungszeitpunkts nicht verantwortlich zu sein, was auch zutrifft.
Das OLG gibt der Klage vollumfänglich statt. Nach Auffassung des OLG habe der AN eine verschuldensunabhängige Fertigstellungsgarantie abgegeben. Hierbei handele es sich um ein verschuldensunabhängiges Leistungsversprechen i.S.d. § 443 BGB, welches bei Überschreitung der vereinbarten Frist eine Haftung aus Verzug auslöst. Auf die Frage, warum der Zeitpunkt überschritten worden ist und wer hierfür die Verantwortung trägt, soll es nicht ankommen.
Fazit:
Ich beobachte in der Praxis, dass sehr leichtfertig verbindliche Fristen vereinbart werden. Teilweise bei überaus komplexen Bauvorhaben, bei denen sich eine Bauzeitverlängerung bereits erahnen lässt. Der AN sollte hier tunlichst versuchen die Vereinbarung einer verbindlichen Vertragsfrist zu vermeiden. Erst Recht jedoch sollte das Wort "Garantie" vermieden werden, da dies die Haftung des AN erheblich verschärft und zu einer verschuldensunabhängigen Eintrittspflicht führt.
Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.


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