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Wer trägt das Baugrundrisiko?

Insbesondere in den Fällen, in denen der Werkunternehmer Erdbauarbeiten zu erbringen hat, besteht das Risiko, dass sich der Baugrund in Bezug auf Tragfähigkeit, Mächtigkeit, Bodenklasse, natürliche oder künstliche Hindernisse, Wasserverhältnisse oder Kontaminationen bei Ausführung anders darstellt, als angenommen. Darüber hinaus ist oftmals nicht hinreichend sicher prognostizierbar, welche Auswirkungen die Baumaßnahme an sich auf den Baugrund haben wird; Wechselwirkungen von Bauwerk und Baugrund sind nicht immer vorhersehbar.


Es stellt sich deshalb die Frage, wer das so genannte Baugrundrisiko zu tragen hat. - Der Auftraggeber oder der Werkunternehmer. Diese Frage wird insbesondere dann relevant, wenn Streit darüber besteht, ob der Werkunternehmer eine Nachtragsvergütung erhält, wenn er aufgrund des tatsächlichen Baugrunds Maßnahmen durchzuführen hat, die bei Auftragserteilung nicht abzusehen waren, beispielsweise weil sich im Zuge der Bauausführung die Gefahr eines Erdrutsches an einem Hanggrundstück herausgestellt hat, der nur durch besondere Maßnahmen begegnet werden kann.


Hierzu gibt es unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der Baugrund ein vom Auftraggeber gestellter Baustoff im Sinne des § 645 BGB sei, für dessen Beschaffenheit der Auftraggeber stets einzustehen habe und woran auch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen nichts ändern könnten (OLG Bamberg, BauR,2009 647; OLG Koblenz, Urteil vom 08.06.2012, 8 U 1183/10).

Nach anderer Auffassung soll es alleine darauf ankommen, wer nach den vertraglichen Abreden das Baugrundrisiko tragen soll (OLG München, Urteil vom 10.12 2013, 28 U 732/11).


In der Praxis kommen beide Auffassungen häufig zum gleichen Ergebnis. Denn häufig fehlen konkrete vertragliche Vereinbarungen, wonach der mit den Erdbauarbeiten beauftragte Werkunternehmer für die Beschaffenheit des Bodens einstehen soll.

Insbesondere dann, wenn der Werkunternehmer lediglich mit dem Gewerk "Erdarbeiten" beauftragt worden ist und zudem vor Beauftragung des Werkunternehmers durch den Bauherrn bereits ein Bodengutachten eingeholt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass die geotechnischen Risiken gerade nicht dem Werkunternehmer auferlegt werden sollten (so OLG Frankfurt, Urteil vom 14.02.2017, 14 U 88/16). In diesen häufigen Fällen trägt der Auftraggeber das Risiko.


Fazit: Auch wenn es sich bei der zuletzt zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt um eine überaus begrüßenswerte und gerechte Entscheidung handelt, die den Werkunternehmer schützt, sollte vorsorglich eine eindeutige Regelung in den Vertrag mit aufgenommen werden, wonach das Baugrundrisiko beim AG liegt; erst recht, wenn es um problematische Tiefbauarbeiten in Hanglage geht.

Im Rahmen eines Bauträgervertrages, dürfte ein solcher Ausschluss kaum wirksam sein. Der Bauträger schuldet in jeglicher Hinsicht den werkvertraglichen Erfolg, so dass das Baugrundrisiko in jedem Fall bei ihm verbleibt.

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