Bei Durchführung von Abdichtungsarbeiten weist der Auftragnehmer den Bauleiter des Auftraggebers, pauschal und ohne nähere Erläuterung in Bezug auf die möglichen Folgen, auf einen Mangel der Vorleistung hin und schlägt dem Bauleiter des Auftraggebers eine Ausführung der Leistung vor, die selbst mangelhaft ist. Der Bauleiter ist einverstanden. Nach Fertigstellung der Leistung stellen die Parteien Feuchtigkeitseintritte fest. Der Auftraggeber rügt einen Mangel der Leistung und fordert den Auftragnehmer zur Nachbesserung auf. Der Auftragnehmer verweigert die Nachbesserung ohne besondere Bezahlung. Der Auftraggeber verlangt vom Auftragnehmer nach Beauftragung der Nachbesserungsarbeiten die Rückzahlung der Mängelbeseitigungskosten. Zu Recht?
Ja! In II. Instanz gibt das OLG Schleswig mit Urteil vom 24.05.2019 (Az.: 1 U 71/18) dem Auftraggeber Recht. Warum?
Der Auftragnehmer ist durch seinen pauschalen Hinweis auf einen Mangel gegenüber dem Bauleiter nicht von seiner Leistungsverpflichtung befreit worden. Der Auftragnehmer bleibt daher für den Mangel verantwortlich.
Dem Auftraggeber muss klar werden, in welchem Umfang der Mangel besteht und welche Auswirkungen dies für die Funktionalität des Werks hat. Dem Auftraggeber muss also die Tragweite der Nichtbefolgung der geäußerten Bedenken erkennen können, sprich welche nachteiligen Folgen und Gefahren sich ergeben können. Aus diesem Grund muss der Auftraggeber seinen Bedenkenhinweis gem. § 4 Abs. 3 VOB/B so genau und konkret wie möglich fassen, um von seiner Verantwortung nach § 13 Abs. 3 VOB/B befreit zu werden.
Der pauschale Hinweis an einen Bauleiter des AG reicht selbst dann nicht aus, wenn dieser besondere Fachkenntnisse hat. Das Herstellungsrisiko obliegt nämlich dem Auftragnehmer, andernfalls würde dieses dem Auftraggeber auferlegt werden.
Wenn der Auftraggeber einen bauleitenden Architekten einsetzt, kann der Bedenkenhinweis zwar grundsätzlich auch diesem erteilt werden. Gleiches gilt für einen vom Auftraggeber bei ihm selbst angestellten Bauleiter. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Auftragnehmer Bedenken gegen Anordnungen oder Planungen des Architekten / Bauleiters selbst hat oder wenn der Architekt / Bauleiter sich der Bedenkenanmeldung verschließt, also keine Anweisungen gibt, die zu einer mangelfreien Ausführung führen. Hierbei kommt es entscheidend auf die Vollmacht an, für den Auftraggeber vertragsändernde Vereinbarungen zu schließen. Leistet der Architekt / Bauleiter dem Bedenkenhinweis Folge und veranlasst, dass die Leistung den Regeln der Technik entsprechend erbracht wird, ist dem Zweck des Bedenkenhinweises Genüge getan. Gibt er dagegen Anweisungen, die zu einer regelwidrigen Leistungsausführung führen, oder verschließt er sich dem Hinweis des Unternehmers, wie die Leistung richtig auszuführen ist, so liegt in seiner Anordnung eine Vertragsänderung. Denn Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbaren als Mindestbeschaffenheit des Werks im Regelfall, dass es den jeweiligen Regeln der Technik entspricht. Wollen sie davon abweichen, ist eine abändernde Vereinbarung notwendig. Eine solche abändernde Vereinbarung kann nur jemand treffen, der mit Vollmacht des Auftraggebers handelt.
In dem von dem OLG Schleswig zu entscheidenden Fall hatte der von dem Auftraggeber eingesetzte Bauleiter jedoch keine entspreche Vollmacht.
Fazit:
Der Bedenkenhinweis muss nicht nur inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er muss sich auch an den richtigen Adressaten – im Zweifel an den Auftraggeber direkt – richten.
Zur Autorin:
Rechtsanwältin Isabel Rothe vertritt deutschlandweit Bauunternehmungen, Bauträger, Architekten und Ingenieure bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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