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AutorenbildRAin Nicole Gräwer

Pauschale Umlage für Baustrom und Bauwasser unzulässig!

In der Baubranche ist es üblich, dass der Auftraggeber in seinen Bauverträgen mit den Bauunternehmern Vertragsklauseln einfügt, die die pauschale Umlage von Bauwasser, Baustrom aber auch die pauschale Kostenbeteiligung an der Bauschuttentsorgung vorsehen. Die Klauseln lauten:


§ 5 Kostenbeteiligung des AN:


0,45 % der Netto - Abrechnungssumme für Baustrom

0,35 % der Netto - Abrechnungssumme für Bauwasser

0,35 % der Netto – Abrechnungssumme für Müllentsorgung


Die Kostenbeiträge werden vom AG bei der Schlusszahlung in Abzug gebracht.


In dieser Weise oder so ähnlich ist es in fast jedem Nachunternehmervertrag, den der Generalunternehmer vorgibt, zu lesen oder auch in Verträgen von öffentlichen Auftraggebern, die bei Großprojekten mehrere Unternehmer mit verschiedenen Gewerken gleichzeitig beauftragen.


Eine Klausel, die (wie im Beispiel oben) Umlagen in jedem Fall und unabhängig von der Inanspruchnahme der Leistungen vorsieht, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.


So zumindest hat es nun auch das Landgericht Bochum in seiner Entscheidung vom 04.10.2021 – AZ 2 O 80/21 bestätigt, wie bereits zuvor schon das OLG Hamburg in seinem Urteil vom 04.12.2013 und das OLG Hamm in seinen Urteilen vom 10.01.2013 und 19.11.1999.


Sämtliche der vorzitierten Gerichte halten eine Umlagevereinbarung in Formularverträgen mit der dem Auftragnehmer, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung und dem Gebrauch, abverlangte pauschale Beteiligung an diesen sog. Baunebenkosten wie Baustrom, Wasser und Sanitäreinrichtungen für unwirksam, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteilige und somit gegen § 307 BGB verstoße.


Zwar sei nach den oben zitierten Entscheidungen die Umlage der entsprechenden Positionen dann grundsätzlich möglich, wenn es sich nicht um Preisnebenabreden, sondern um einen gesonderten Belieferungsvertrag/Bereitstellungsvertrag handele, für den ein pauschalisiertes Entgelt vereinbart werde.


Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Auftraggeber frei entscheiden kann, ob er bei der Ausführung seiner Leistung das Angebot des Auftraggebers Bauwasser, Baustrom pp. annimmt oder diese Dinge selbst auf eigene Kosten besorgt.

In der pauschalen, nicht abwendbaren Überbürdung dieser Kosten, was immer dann der Fall ist, wenn der Unternehmer nicht frei entscheiden kann, ob er eigenen Strom oder auftraggeberseits gestellten in Anspruch nehmen will, liegt aber regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung.


Der im Fall des LG Bochum streitgegenständlichen Vertragsklausel, sowie der oben im Beispiel genannten, ist nicht zu entnehmen, dass dem Auftragnehmer die Möglichkeit eingeräumt wird, von der Inanspruchnahme der Leistungen ganz oder teilweise Abstand zu nehmen und sich auf diese Weise die Kosten zu ersparen. Eine solche Klausel ist damit unwirksam.


Dies gilt im Übrigen auch für die sog. Bauschuttklauseln, denen zufolge dem Auftragnehmer für anteilige Baureinigung ein bestimmter Prozentbetrag von der Schlussrechnungssumme in Abzug gebracht wird. Derartige Klauseln sind Preisnebenabreden und unterliegen als solche der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Die Beseitigung des mit der Werkleistung angefallenen Abfalls gehört zum Leistungsumfang des Auftragnehmers. Bauschuttklauseln stellen folglich Vereinbarungen über die Erstattung von Mängelbeseitigungskosten bzw. den Anspruch auf Kostenersatz dar. Mit den Bauschuttklauseln wird aber vom gesetzlichen Leitbild insofern abgewichen, als dass dem Auftragnehmer die Möglichkeit der Nachbesserung genommen wird, seinen Bauschutt selbst zu entsorgen.


Zudem wird er mit einer Pauschale an etwaigen Mängelbeseitigungskosten beteiligt unabhängig davon, ob er überhaupt Abfall hinterlassen hat.


Fazit:

Immer dann, wenn eine Umlageklausel nicht dahingehend formuliert oder ausgelegt werden kann, dass die pauschale Umlage jeweils nur bei Inanspruchnahme der Leistungen geschuldet ist, sondern aus Sicht des Unternehmers so zu verstehen, dass die Umlage in jedem Fall und völlig unabhängig von der Inanspruchnahme der Leistungen zum Tragen kommt, handelt sich um einen versteckten Preisnachlass, der den Unternehmer unangemessen benachteiligt und deswegen gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Ein Abzug der im Vertrag genannten Pauschalen von der Schlussrechnung hat damit in jedem Fall zu unterbleiben.


Zur Autorin:

Rechtsanwältin Nicole Gräwer ist Partnerin und Gesellschafterin der Kanzlei EISENBEIS PARTNER. Als Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht vertritt sie deutschlandweit führende Bauunternehmen und Architekturbüros. Dazu berät sie öffentliche Auftraggeber und Bieter in allen Belangen des Vergaberechts.

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