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Vergütung des Nachunternehmers: Fällig auch ohne Abnahme!

Voraussetzung für die Fälligkeit der Werklohnforderung des Unternehmers ist grundsätzlich die Abnahme seiner Werkleistung durch seinen Auftraggeber. Das ergibt sich aus der Vorschrift des § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach „die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten ist.“


Häufig ist es der Fall, dass der Werkunternehmer seinerseits einen Nachunternehmer zur Ausführung der ihm beauftragten Leistungen einsetzt. In selteneren Fällen kommt es vor, dass dieser sich wiederum eines weiteren Nachunternehmers bedient.


Nun könnte man annehmen, dass die Werklohnforderung des Nachunternehmers ebenfalls nach dem Grundsatz des § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der Abnahme des Werkes durch seinen Auftraggeber also den Werkunternehmer fällig wird.


Dem ist nicht so! Dies bestätigte nochmals das OLG Brandenburg in einem Urteil vom 10.06.2021 – 11 U 120/17 – mit einem Verweis auf die Vorschrift des § 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Diese Vorschrift regelt die sog. Durchgriffsfälligkeit. Sie wurde im Rahmen der Einführung des Forderungssicherungsgesetzes, das am 01.01.2009 in Kraft trat eingeführt.

Diese Vorschrift ist auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 01.01.2009 entstanden sind und gilt auch für VOB/B - Verträge.


Danach wird die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller seinerseits einem Dritten versprochen hat, also im Rahmen einer Nachunternehmerleistungskette, spätestens fällig, soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt. Dies gilt selbst dann, wenn nur eine partielle Leistungsidentität besteht.

Diese sogenannte Durchgriffsfälligkeit tritt unabhängig davon ein, ob die Abnahme im Verhältnis zwischen Nachunternehmer und Werkunternehmer stattgefunden hat oder nicht und / oder Abnahmereife zu bejahen ist.


In dem von dem OLG Brandenburg zu entscheidenden Fall stritten die Parteien im Rahmen einer Haupt- und Widerklage über die Zahlung von Werklohn sowie die Existenz und Folgen von Mängeln betreffend Beschichtungsarbeiten an einer Bogenbrücke für einen Radweg.


Hierzu hatte eine Gemeinde einen Generalunternehmer beauftragt, der sich wiederum für die Metallbauarbeiten eines Nachunternehmers bediente und dieser wiederum einen Nachunternehmer einsetzte. Nach Abschluss der Arbeiten hat der Nachunternehmer dem Generalunternehmer seine Leistung in Rechnung gestellt, die allerdings der Generalunternehmer nicht zahlte, was dann Gegenstand des Rechtsstreites vor dem OLG Brandenburg war. Zwischen den Parteien - Generalunternehmer und Nachunternehmer – wurde ein Streit darüber geführt, ob die Leistung abgenommen und damit überhaupt erst Fälligkeit des Werklohns eingetreten war. Gemäß dem vorliegenden Protokoll der Gemeinde mit dem Generalunternehmer fand eine Bauabnahme entsprechend den Regelungen der VOB/B zwischen dem Auftraggeber der Gemeinde und dem Generalunternehmer unstreitig statt. Der Generalunternehmer verteidigte seine Nichtzahlung damit, dass eine Abnahme der Leistung des Nachunternehmers seinerseits nicht stattgefunden habe, was zutreffend war. Der Nachunternehmer argumentierte, dass die Abnahme der Hauptauftraggeberin der Gemeinde gegenüber dem Generalunternehmer auf ihn „durchschlage“ und auch seine Leistung damit als abgenommen gelte. Das OLG Brandenburg als Berufungsgericht bestätigte den Nachunternehmer und führte aus, dass die Werklohnforderung des Nachunternehmers fällig sei gemäß § 641 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB, obwohl er keine Abnahme seiner Leistung durch seinen Auftraggeber den Generalunternehmer dargelegt und auch nicht bewiesen war.


Die Fälligkeit seines Anspruchs ergibt sich nach den Ausführungen des OLG Brandenburg zu Recht aus der Regelung des § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB. Danach gilt das Gewerk des Nachunternehmers als abgenommen, wenn es durch den Hauptauftraggeber abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt. Diese Vorschrift ergänzt die bereits schon am 01.05.2000 eingeführte Regelung der Durchgriffsfälligkeit, des § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, wonach Fälligkeit beim Nachunternehmer mit Zahlung durch den Hauptauftraggeber eintritt.


Neu an der Entscheidung des OLG Brandenburg ist, dass sich die Durchgriffsfälligkeit auch auf die weiteren Nachunternehmer der Kette bezieht, also der direkte Nachunternehmer sich weiterer Nachunternehmer bedient –also auch für den letzten Nachunternehmer in der Kette wirkt die Abnahme des Hauptauftraggebers mit derselben Rechtsfolge.


Diese sogenannte Durchgriffsfälligkeit tritt unabhängig davon ein, wie viele Leistende in dieser Kette vorhanden sind.


Die Rechtswirkung des § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB beschränkt sich also nicht auf die Schuldverhältnisse an denen der Besteller unmittelbar beteiligt ist, sondern zu Gunsten aller Nachunternehmer in der Kette.


Zur Autorin:

Rechtsanwältin Nicole Gräwer ist Partnerin und Gesellschafterin der Kanzlei EISENBEIS PARTNER. Als Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht vertritt sie deutschlandweit führende Bauunternehmen und Architekturbüros. Dazu berät sie öffentliche Auftraggeber und Bieter in allen Belangen des Vergaberechts.

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