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Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung ist keine Fälligkeitsvoraussetzung!

Gerade in Bauverträgen zwischen dem Generalunternehmer und seinen Nachunternehmern findet sich häufig eine Klausel, wonach die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen Voraussetzung für die Fälligkeit der Werkvergütung des Nachunternehmers sein soll. Hintergrund ist, dass der Generalunternehmer aufgrund seiner bürgenähnlichen Haftung aus § 14 AEntG ein berechtigtes Interesse daran hat, die Vorlage dieser Bescheinigungen durch den Nachunternehmer vertraglich zu regeln, um prüfen zu können, ob der Nachunternehmer seinen Angestellten den gesetzlichen Mindestlohn zahlt. Tut er dies nämlich nicht, so haftet auch der Generalunternehmer.


In der Praxis werden solche vertraglichen Regelungen jedoch oftmals durch den Generalunternehmer dazu missbraucht, um den Werklohn des Nachunternehmers einzubehalten.


So auch in einem vom OLG Hamm mit Beschluss vom 19.05.2022 (21 U 18/21) entschiedenen Fall.


Der Generalunternehmer verweigerte seinem Nachunternehmer die Zahlung von Werklohn i.H.v. 63.000,00 € unter Hinweis auf die vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Hier war geregelt, dass der Nachunternehmer dem Generalunternehmer für die Fälligkeit der Vergütung die Mindestlohnbescheinigungen seiner am Bauvorhaben eingesetzten Mitarbeiter zu übergeben hat. Der Generalunternehmer forderte zudem eine Aufstellung der jeweiligen Einsatzzeiten der Mitarbeiter des Nachunternehmers und berief sich, bis zur Vorlage der Unterlagen, auf ein Zurückbehaltungsrecht. Der Nachunternehmer legte die geforderten Unterlagen nicht vor, sondern klagte den Werklohn ein.


Nach Auffassung des OLG Hamm benachteiligt die AGB-Klausel, wonach der Nachunternehmer dem Generalunternehmer Mindestlohnbescheinigungen seiner eingesetzten Mitarbeiter für deren Einsatzzeiten zu übergeben hat, den Nachunternehmer unangemessen. Die Klausel sei deshalb wegen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Es bestehen, nach Auffassung des Gerichts, bereits Zweifel, ob die Mitarbeiter überhaupt beurteilen können, ob sie den ihnen zustehenden Mindestlohn tatsächlich erhalten haben, ob die Anzahl der beizubringenden Bescheinigungen bei Großbaustellen wegen der Vielzahl der dort tätigen Mitarbeiter nicht zu Umsetzungsproblemen führt und vielmehr die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters des Nachunternehmers ausreicht. Hinzu komme, dass die Bescheinigungen, nach der AGB-Klausel, einer vom Generalunternehmer vorgegebenen Formulierung zu entsprechen haben. All dies weiche vom gesetzlichen Leitbild ab, sodass die Klausel keine Wirksamkeit entfalte. Der Werklohnklage wurde vollumfänglich stattgegeben.


Fazit:

Aus Sicht des Nachunternehmers handelt es sich um eine begrüßenswerte Entscheidung. Es mag zwar sein, dass dem Generalunternehmer ein berechtigtes Interesse dahingehend zugebilligt werden kann, darüber Bescheid zu wissen, ob Mindestlohn gezahlt wird oder nicht. Es darf jedoch nicht sein, dass solche Klauseln dann dazu herangezogen werden, um berechtigte Werklohnforderungen zu negieren.


Zum Autor:

Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.

Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentums-recht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.


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